2.2 Muta cum Liquida
Die Folge von Verschlusslaut (π κ τ, β γ δ, φ χ θ) und Liquida (λ, ρ) oder Nasal (μ, ν) bildet manchmal Position und manchmal nicht. (Dies gilt nicht für die umgekehrte Folge, die immer Position bildet.) "Muta cum Liquida" hat sich als Begriff eingebürgert und wird auch hier verwendet, obwohl nach heutiger Terminologie auch die Nasale von diesem Phänomen betroffen sind.
Je nach der (1) Art der Konsonanten sowie ihrer Stellung im Wort und nach der (2) Art der Dichtung gilt diese Konsonantenverbindung als ein Konsonant, d.h. die vorherige Silbe wird nicht gelängt, oder als zwei Konsonanten, d.h. die vorherige Silbe wird gelängt.
(1) Grundsätzlich bilden die Verbindungen mit β, γ und δ häufiger Position als diejenigen mit π κ, τ, oder φ, χ, θ. Ebenso längen Verbindungen mit λ, μ und ν häufiger als diejenigen mit ρ. Muta cum Liquida wirkt hingegen häufiger einkonsonantisch, wenn die Verbindung am Anfang eines Wortes steht.
(2) Die folgenden drei Arten von Dichtungen sollen in dieser Einführung in ihrer Behandlung von Muta cum Liquida unterschieden werden:
- Homer und Lyrik: Muta cum Liquida wird häufiger zweikonsonantisch gemessen;
- Attische Tragödie: Anlautende (=am Anfang eines Wortes stehende) Muta cum Liquida wird einkonsonantisch (Ausnahme: β, γ, δ + λ, μ, ν), inlautende Muta cum Liquida wird uneinheitlich gemessen;
- Attische Komödie: Muta cum Liquida wirkt sowohl im Anlaut als auch im Inlaut einkonsonantisch (Ausnahme: β, γ, δ + μ, ν und bei Tragödien-Anspielungen).
Die hauptsächlich einkonsonantische Messung von Muta cum Liquida in der attischen Komödie wird "correptio Attica" ("attische Verkürzung") genannt. Im Druck lässt sich bei metrischen Analysen die ein- und zweikonsonantische Messung folgendermassen unterscheiden: πατρός (τρ wirkt einkonsonantisch, Messung: ⏑ ⏑) gegenüber πατˈρός (τρ wirkt zweikonsonantisch, Messung: ‒ ⏑).
Hinweis: In Komposita gilt die Verbindung Muta cum Liquida immer als zwei Konsonanten (z.B. ἐκ-λείπειν, Messung: ‒ ‒ ‒).
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