E-Learning: Einführung in die altgriechische Metrik

 


Inhaltsübersicht

 

Direktzugang

"Hexameter"

"Trimeter"

 

 

 

3.1.6 Hexameter im Frieden des Aristophanes

Auch in der attischen Komödie finden sich Hexameterverse. Ein Beispiel hierfür soll kurz vorgestellt werden. In der im Jahr 421 aufgeführten Komödie Frieden von Aristophanes fliegt der Protagonist Trygaios in den Himmel, um sich bei Zeus über den Krieg mit Sparta zu beschweren, der allen Griechen übel zusetzt und (als Kriegsgott) die Friedensgöttin weggesperrt hat. Nachdem Trygaios diese befreien konnte, steht seiner Hochzeit mit Opora („Spätsommer, Frucht“) nichts mehr im Weg. Beim Fest sollen einige Knaben Lieder vortragen. Als zwei dieser Knaben aus dem Haus treten, um zu pinkeln und die Lieder noch einmal zu üben, bittet Trygaios den einen, schon einmal eine Probe zu geben (Frieden 1265-1269). In der vorherigen Szene wurde der für die Komödie typische Sprechvers, der jambische Trimeter, verwendet (Frieden 1192-1269). Mit dem Vortrag des Knaben beginnt der Wechsel zum Hexameter. Skandieren Sie den Anfang von Vers 1270, der vom ersten Knaben gesprochen wird::

"νῦν αὖθ' ὁπλοτέρων ἀνδρῶν ἀρχώμεθα –"
"Nun wollen wir aber mit den rüstigeren Männern beginnen –"

Wie es für das Epos (im Unterschied zur Komödie) üblich ist, zählt in ὁπλοτέρων die Verbindung von Muta cum Liquida als zwei Konsonanten. Sie haben sicherlich ausserdem bemerkt, dass der Vers noch nicht vollständig ist. Denn Trygaios ist überhaupt nicht erfreut über den kriegerischen Inhalt der Lieder und sagt:

                                                                        παῦσαι
ὁπλοτέρους ᾆδον, καὶ ταῦτ', ὦ τρισκακόδαιμον,
εἰρήνης οὔσης· ἀμαθές γ' εἶ καὶ κατάρατον.
                                                                        "Hör auf,
die rüstigeren zu besingen, und zwar, du drei Mal Elender,
weil Frieden ist. Du bist ein verfluchter Ignorant."

Der Wechsel der Metrik zeigt an dieser Stelle ausserdem an, dass eine Anspielung auf einen anderen Text vorliegt. Das hexametrische Versmass dient als Intertextualitätssignal zu den Epigonoi, deren erster Vers hier aufgerufen wird. Die Epigonoi sind ein heute leider verlorenes Kriegsepos aus dem thebanischen Sagenkreis über die "Nachkommen" der Sieben gegen Theben, welche die Stadt im Unterschied zu ihren Vätern erobern konnten. Wenn man nun auch weiss, dass der Hexameter ursprünglich mit Μοῦσαι endete, ist Trygaios' ähnlich klingender Einwurf παῦσαι besonders witzig. Im Anschluss an den Knaben verfällt auch Trygaios in den Hexameter, obwohl sein Inhalt (z.B. ἀμαθές γ' εἶ καὶ κατάρατον – "Du bist ein verfluchter Ignorant") nicht allzu charakteristisch für das heroische Metrum ist. Zu beachten ist ferner, dass dabei auch die Naeke’sche Brücke verletzt wird (Brücke nach einem Spondeus im 4. Metrum, hier zwischen εἶ und καὶ), wodurch der Vers vielleicht absichtlich unhomerisch bwz. unschön klingen soll.

 

Literaturangaben zum Hexameter: Snell 41982, 12-17; West 1982, 35-39.152-157.177-180; Sicking 1993, 69-82; Kannicht 1997, 347f.; Nünlist 2000; Utzinger 2007, 11-13; Bär 2009, 13-23. Zur Einführung in den homerischen Hexameter kann insbesondere Nünlist 2000 empfohlen werden. Es handelt sich dabei um ein Kapitel aus den Prolegomena des neuen Ilias-Kommentars von Latacz et al. 2000. Zum Beispiel aus dem Frieden vgl. auch Zogg 2014, 144-163.

 

 

Rückwärts Vorwärts